«Mitbewerber vergessen die enormen versteckten Prozesskosten von Bargeld.»

Konsum- & Zahlungsverhalten

Manuel Wiesner betreibt mit seiner Familie die 31 «Familie Wiesner Gastro» (FWG) Restaurantbetriebe wie zum Beispiel das Nooch Asian Kitchen oder Negishi Sushi sowie 4 Velokurier-Standorte. Fast 1000 Mitarbeitende hat die FWG in den Regionen Zürich, Bern, Basel, Zug, Luzern und Winterthur. Bald stellt Manuel Wiesner in seinen Familienbetrieben, die er seit 2020 gemeinsam mit seinem Bruder Daniel führt, auf Karten-Zahlung um und akzeptiert kein Bargeld mehr zur Bezahlung.

Manuel Wiesner

leitet gemeinsam mit seinem Bruder die «Familie Wiesner Gastronomie» – das Familienunternehmen für  Erlebnisgastronomie in der Schweiz 

Manuel Wiesner, die Ankündigung, die Bezahlung mit Bargeld in Ihren Restaurants einzustellen, brachte Ihnen Kritik in den Medien ein. Hat Sie das überrascht?

Als First Movers sind wir es uns gewohnt, dass man dem Wind ausgesetzt ist, das gehört zum Business. Wichtiger für uns sind in diesem Kontext unsere Gäste, diese bezahlen bereits jetzt fast nur noch cashless und sind daran gewöhnt.

Was waren die Beweggründe, die Bezahlung mit Bargeld abzuschaffen?

Wir haben noch weniger als 5% Bezahlungen mit Bargeld, und die administrativen Aufwände dafür stehen in keinem Verhältnis. Mit der cashless-Bezahlung ist der Bezahlprozess schneller und unsere Servicemitarbeitenden haben dadurch mehr Zeit für die Gäste. Und es fällt ein Sicherheitsrisiko für die Restaurant-Geschäftsführenden weg, wenn sie nicht mehr mit dem Tagesumsatz in der Tasche an den nächsten Bankautomaten gehen müssen, um das Bargeld einzuzahlen.

Wie hoch ist das monatliche Sparpotenzial?

Das ist schwierig in Franken zu beziffern. Aufgrund unseres ohnehin hohen digitalen Standards und KI konnten wir selber eine Software programmieren, welche enorme Zeitersparnisse mit sich bringt. So können wir die gewonnene Zeit z.B. für Mitarbeitendengespräche, Qualitätssicherungen und neue Projekte einsetzen.

Wie aufwendig ist das Handling mit Bargeld aus Ihrer Sicht?

Viel zu aufwendig. Mitbewerber beklagen sich über die Kreditkartenkommissionen, vergessen aber die enormen versteckten Prozesskosten von Bargeld, welche höher sind.

Wie reagieren Gäste, wenn diese realisieren, dass sie nicht mit Bargeld zahlen können – dies aber möchten?

Unsere Gäste sind im Durschnitt 25 bis 40 Jahre alt und einen urbanen Lifestyle gewohnt. Alle haben eine Kreditkarte oder Twint, für sie ist es völlig normal. Deshalb bezahlen bereits heute fast alle bei uns cashless. Und für den Notfall haben wir einen digitalen Rechnungsantrag mit einer SMS-Verifikationsfunktion, den der Gast ausfüllen kann.

Was machen Sie, wenn es Verbindungs- oder Internet-Probleme gibt – darf man bei Ihnen dann anschreiben?

Auch da haben wir selbstverständlich vorgesorgt. Bei uns gibt es vier Bezahlmöglichkeiten auf vier verschiedenen Technologien. Neben dem physischen Kreditkartenterminal kann man bei uns auch mittels QR-Code die Rechnung aufrufen und gleich bezahlen. Das spart Zeit beim Gast, da er nicht auf die Rechnung warten muss. Dann haben wir noch ein Back-up auf der Basis eines Webshops, der auch mit einem anderen Kreditkarten-Acquirer funktioniert. Und zuletzt eben unseren digitalen Rechnungsantragsprozess.

Kartenbezahlung bedeutet häufig auch kein Trinkgeld für den Service. Auch da haben Sie einen umstrittenen automatischen Aufschlag beim Bezahlsystem initiiert – wie stehen Sie zu diesem Schritt?

Die Gäste konnten bei uns schon immer selber über die Höhe des Trinkgelds im Bezahlprozess entscheiden, und davon geht auch immer einen Anteil in die Küche, damit es fair verteilt ist. Zudem zeigen Studien, dass 95% der Gäste in der Gastronomie Trinkgeld geben. Am häufigsten orientieren sich die Gäste am Rechnungsbetrag und nicht an der Zahlart. Wir sind ja bereits praktisch cashless und merken keinen grossen Unterschied zu früher. Das ist auch das Feedback, das unsere Mitarbeitenden uns geben.

Ist Bargeld aus Ihrer Sicht am Ende? Wie ist Ihr persönliches Verhältnis zu diesem?

Je nach Kundensegment hat Bargeld sicherlich seine Berechtigung. Ich selber trage seit anfangs 2020 kein Portemonnaie mehr mit mir herum und bezahle nur noch mit dem Handy. Unterdessen kann ich auch bei einer Wanderung spontan einen Käse bei einer Alpsennerei cashless kaufen. Das zeigt ja sehr schön, wie sich die Wirtschaft den Kundenbedürfnissen anpasst.

Zur Person

Manuel Wiesner

leitet gemeinsam mit seinem Bruder die «Familie Wiesner Gastronomie» – das Familienunternehmen für  Erlebnisgastronomie in der Schweiz 

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